Der Lichtgedanke

Es war eine dieser Nächte,

wie man sie nur im Krankenhaus erlebt.

Gerade eben so aus der Narkose aufgewacht,

spürte ich mehr und mehr,

wie Schmerzen sich in meinem Körper ausbreiten.

Um mich herum Dunkelheit

und kein Mensch in der Nähe,
der die Zeit oder die Bereitschaft fand,
sich eine Weile zu mir zu setzen

und mir ein bißchen beizustehen.

So unendlich einsam und verloren
hatte ich mich seit langem nicht mehr gefühlt.

Und dennoch,gerade diese Art der Einsamkeit
war mir so wohlvertraut.

Resigniert wandte ich den Kopf zum Fenster,
ergab mich gleichermaßen den Schmerzen wie der Verlassenheit
und suchte ein bißchen Ablenkung in den Lichtern der Stadt.

Da schwebte plötzlich ein kleines, freundlich-helles Licht ans Fenster,
ließ sich auf der Fensterbank nieder und sah mich aufmerksam an.

Gerade so,als wollte es sich vergewissern,

daß ich es auch wirklich bemerkt hätte.

Neugierig geworden fragte ich:

„Wer bist du denn?

So was wie dich hab ich ja noch nie gesehen!

Und wie kommst du überhaupt hier rein?“

Das helle Lichtlein schüttelte sich kurz,

so daß tausend kleine Funken um es herum sprühten.

Dann antwortete es:
“Ich bin ein lieber Gedanke.

Ein Mensch,der dich sehr mag,
hat mich gedacht und dann auf den Weg zu dir geschickt.

Und weil es doch Nacht ist,da wurde ich zu Licht,
damit du mich auch bemerkst und weißt,
daß es da jemand gibt, der grade an dich denkt.“

Der lichtgewordene Gedanke tanzte ein paarmal hin und her
über die Fensterbank und ließ sich dann in der Mitte nieder.

Hier werde ich bleiben“,sagte er,“bis mein Licht vergeht

– dir zum Trost und zur Freude!
Deshalb bin ich hierher gekommen.“

Gerührt musterte ich ihn aufmerksam und fragte mich,
wer da wohl so liebevoll an mich gedacht hatte.
Ein-zwei Menschen fielen mir ein,die mir nahe standen
und mich wohl schon so manches Mal
durch schwere Zeiten hindurch getröstet und begleitet hatten.
Jedem von ihnen

wäre dieser liebe Lichtgedanke an mich zuzutrauen.

Den kleinen Gedanken musternd wurde es mir
warm und leicht ums Herz
.Und auf seltsame Weise wußte ich mich
beruhigt und getröstet

– und nicht mehr alleine gelassen.

In meiner Freude merkte ich erst gar nicht,
daß sich inzwischen noch andere große und kleine Lichtgedanken
auf der Fensterbank eingefunden hatten,bis es so hell wurde,
daß ich schon befürchtete,jemand könnte es bemerken
und die Lichtgedanken durch seine Neugier vertreiben!

Als ich die Lichtgedanken so betrachtete,

gab ich es auf darüber nachzugrübeln,
welcher Gedanke wohl von welchem Menschen geschickt worden war.
Ich freute mich einfach nur an der Vielfalt ihrer Gestalten,
ihrem hellen Licht und der Wärme.
Und an dem Trost,den sie mir gaben.

Und so geschah es,
daß ich die Schmerzen nach und nach vergaß
und mehr und mehr Friede in meinem Herzen einzog.

Schließlich fand ich erschöpft, aber getröstet
und alles andere als mich einsam fühlend,
endlich Ruhe und konnte einschlafen.

Seither sende auch ich öfter einmal
einen liebevollen Lichtgedanken auf die Reise
durch die Nacht zu einem Menschen hin,
um ihn wissen zu lassen,

daß er nicht alleine ist
und es jemanden gibt, der gerade jetzt
liebevoll an ihn denkt!

(Autor unbekannt)